Interview mit Johanna Send

Zu Fuß von München nach Venedig

Johanna Send war viele Jahre Lehrerin am OHG und Koordinatorin in der Schulleitung des OHG.
Petra Siebert hat mit ihr unter anderem über ihre Erinnerungen an die Zeit am OHG gesprochen.

Was machst du momentan? Wie sieht dein Leben nach dem Schuldienst aus? 

Als erstes habe ich mich für das Lernen der für mich neuen Fremdsprache Spanisch entschieden. Ausgelöst wurde das durch die Ankündigung der Hochzeit meiner ehemaligen Gastschülerin aus Argentinien, Pamela Savoia, die 1999 ein halbes Jahr das OHG besucht hat. Ich hatte ihr damals zugesagt, zu ihrer Hochzeit zu kommen und wollte die Reise nach Argentinien nicht antreten, ohne elementare Spanisch-Kenntnisse. So war ich auf der größten, fröhlichsten Hochzeit, die ich je erlebt habe. Im Oktober 2015 habe ich sogar einen Artikel auf Spanisch für das Sprachlernmagazin ECOS über diese Reise geschrieben.

Einen weiteren Traum haben mein Mann und ich uns 2012 erfüllt: Wir sind in 5 Wochen vom Marienplatz in München 500 km über die Alpen bis zum Markusplatz in Venedig gewandert, ca. 20 000 Höhenmeter mit Zelt. 

Außerdem mache ich viel Dauerlauf und besuche regelmäßig ein Fitness Studio.

Nicht vergessen darf ich natürlich unsere 7 Enkel:innen, die mein Leben bis heute auf unterschiedlichste Weise bereichern.

Gibt es Tätigkeiten/ Interessen, die durch Deine Zeit am OHG  entwickelt wurden oder angestoßen wurden?

Verbunden mit meiner Tätigkeit als Physik-Lehrerin, ist mein Einsatz für die Erinnerung an Georg Christoph Lichtenberg, (1742 - 1799). Nachdem ich 1992 zu seinem 250. Geburtstag gefragt worden war, ob ich nicht Lichtenbergs elektrische Experimente im Rahmen der Lichtenberg-Ausstellung in der Pauliner Kirche zeigen könnte, habe ich mich da immer mehr eingearbeitet. Ich habe diverse Elektrisiermaschinen, Leydener Flaschen, Elektrophore und elektrische Klingeln selbst gebaut und vielfach zur Vorführung gebracht. Zuletzt ist ein Artikel von mir im Lichtenberg Jahrbuch 2020 erschienen. Da es mir zu langweilig erschien, von den Experimenten nur in gedruckter Form zu erfahren, habe ich mich bei der Vorführung der Experimente von meinem Mann filmen lassen und die Filme auf Youtube eingestellt. Leicht zu finden - wenn man Johanna Send und Lichtenberg in die Suchfunktion eingibt, findet man mich sofort.

Welche positiven Erinnerungen hast du an das OHG?

Gearbeitet habe ich am OHG vom Februar 1977 bis zur Pensionierung 2011, dann durfte ich dort noch mal 2 Jahre von 2013 bis 2015 ein paar Stunden unterrichten. Der Unterricht war immer das tägliche Fundament und es hat mir viel bedeutet, wenn ich die Klasse oder den Kurs mit dem Gefühl verlassen habe: die Stunde hat Verständnis gebracht, die Schüler und Schülerinnen haben sich nicht gelangweilt, wir haben uns gut verstanden, ich habe niemanden hängen lassen. Gehofft habe ich das immer – gelungen ist es mir mit Sicherheit nicht jedes Mal. Ich habe mir des Öfteren mathematische Spiele und Bastelaufgaben ausgedacht, Schatzjagden im Koordinatensystem, in Physik natürlich experimentelle Aufgaben - wie bestimmt man die Dicke einer Alufolie - oder die Beschleunigung bei der Anfahrt eines ICE?  Dazu sind wir auf das Gleis 9 des Göttinger Bahnhofs gegangen. Kleine sportliche Unterbrechungen des Unterrichts erwiesen sich als hilfreich - die Quietschi-Jagd war mein Favorit.

Auch eine positive Erinnerung: Die Schülerinnen und Schüler des OHG haben sich im Unterricht nicht verweigert, sie waren kooperativ, ansprechbar, einsichtig.

Besonders gut im Gedächtnis geblieben sind mir die unzähligen Ausflüge, Klassenfahrten, Studienfahrten und die Austausche, die ich begleiten durfte. Nicht zu vergessen der Hohe Hagen mit Selbstversorgung: 7. Klässler, die aus der Zubereitung des Pizzateiges ein Wurf- und Fang-Spiel machten. 

Am ersten Tag meiner Pensionierung habe ich mit größter Dankbarkeit registriert, dass ich nun nie wieder Tag und Nacht für eine so große Gruppe von Kindern und Jugendlichen Verantwortung werde tragen müssen. Bei all meinen Unternehmungen war das Schlimmste, das passiert ist, ein Armbruch eines Schülers.

Welche Frage würdest Du gern im Moment einem:r aktuellen OHG - Schüler:in stellen?

Ich würde eine ganze Klasse befragen: Wie wünscht ihr euch die Gestaltung des Unterrichts durch die Lehrerin oder den Lehrer? Dazu würde ich 10 Kategorien vorgeben und sie ankreuzen und die Ergebnisse auswerten lassen. Kann man super Prozentrechnung dran üben....

 

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